Raus aus dem goldenen Käfig - aber wie?

Ras aus dem goldenen Käfig - Belastende Situationen leichter ertragen.
Foto von Deleece Cook - Unsplash.com

Oder auch: Wie Sie mit belastenden Arbeits- oder Lebenssituationen besser umgehen.

In einem grossartigen Artikel schrieb der von mir sehr geachtete Dr. Bernd Slaghuis auf seinem Blog: „Miese Jobs aushalten? Wenn gutes Gehalt zu Schmerzensgeld wird.“

Das erinnerte mich daran: So ging's mir damals auch in meiner heißen Phase als Ingenieur für Mikroelektronik. Als hochbezahlter Experte fand ich nicht aus dem goldenen Käfig heraus - bis ich in der Klinik für Akutpsychosomatik gelandet bin. Der Wiederaufbau war lang und mühsam – aber lohnenswert.

Inzwischen habe ich zu dem Thema viel gelernt und durch Psychotherapie und Coaching an andere Menschen weitergegeben.

Für die mir begegneten Krisen bin ich sehr dankbar und freue mich heute darüber, mit meiner Arbeit an der richtigen Stelle zu sein und meine Erfahrung und mein Wissen zum nachhaltigen Wohlergehen meiner Kunden einzusetzen. Daraus ist der abgewandelte Spruch entstanden:

Love it. Change(!). Or leave it.

Weil das "Change it" nämlich typischerweise – vor allem in grossen Organisationen - sehr lange dauern kann, wenn es überhaupt gelingt. Allein geht es quasi gar nicht, verbündet mit Anderen schon eher. Es ist aber sehr oft sehr kraftraubend.

Inzwischen hat sich in meiner Arbeit Folgendes herausgestellt: Die Suche im Aussen - sei es nach Sinn, Wertschätzung, Bestätigung, Status, etc. - bleibt oft unbefriedigend. Ich vergleiche es mit dem Saugen an einem Stück Holz. Es ist anstrengend und unergiebig. Die Folgen sind oft dysfunktionale oder gar destruktive Kompensationsmechanismen: Innere Kündigung, Passiv-aggressive Reaktionen, Ersatzbefriedigungen oder Konsum von Suchtmitteln.

Wenn ich meinen Job oder auch nur einen bestimmten Aspekt meines Lebens nicht liebe, bleibt als nächster Schritt die Veränderung meiner Perspektive. Dies ist alles andere als Aufgeben, sondern eine Atempause in dem Dauerstress, der sogar in einem „Bore-Out“ münden kann. Ein zu frühes Ausbrechen ("Leave it") verschleppt das Kernproblem oft nur an einen anderen Ort. In einer festgefahrenen Situation verhindert der Stress, dass ich eine klare, vernünftige Entscheidung treffen kann. Hierzu habe ich an anderer Stelle schon vom Hirnaufzugsmodell des Gerald Hüther geschrieben.

Was wirklich hilft: Stress reduzieren. Der Stress, der entsteht, wenn ich woanders sein möchte als wo ich gerade bin. Wie der Stress im Stau oder bei einer längeren Reise, gekrönt mit der kindlichen Frage "Wann sind wir endlich daha?" .

Mit aktiver Entspannung sehe ich rational ein, dass ich an der Situation gerade nicht viel ändern kann, sie durch Akzeptanz aber viel leichter aushalten kann. Ich kann – zunächst mit geeignetem Coaching, dann zunehmend selbständig – meine Gedanken in der Situation beobachten, überprüfen und nötigenfalls korrigieren.

 

So kann die Bewertung "mieser Job" genauso hinterfragt werden wie "ich verdiene hier Schmerzensgeld". Mit dem möglichen Ergebnis: "Job/Bezahlung ist gut genug, mir Freiheiten zu geben, mich weiterzuentwickeln"

Den Weg ins Hier&Jetzt durch aktive, gehirngerechte Übungen empfinden meine Klienten immer wieder als sehr entlastend und schaffen es, die fälligen Kurskorrekturen in kleinen Schritten vorzunehmen. Die entstehende Selbstwirksamkeit überrascht die meisten und die folgende Zufriedenheit wirkt sich auf das gesamte, umgebende System des Klienten aus. Sowohl beruflich als auch privat.

Der Weg ist kein kurzer und kein einfacher, da lang antrainierte Verhaltensweisen umgelernt werden müssen. Aber ich bekomme immer wieder zu hören: "Es lohnt sich!"

Der Genuss, die Dankbarkeit, nach einem langen Aufstieg auf dem Gipfel zu stehen belohnt für die Mühen.